Meistens lebt man einfach so vor sich hin, tut dieses und jenes. Man hört Sprüche wie „carpe diem“ oder „alles hat seinen Preis“. Das erfasst man dann rational, denkt sich „stimmt“ oder „so ein Quatsch“, aber so richtig in die Tiefe geht es nicht. Doch ab und zu gibt es den Moment, in dem es einen trifft wie ein Schlag. Da erfasst man das Ganze nicht nur rein rational, sondern auch emotional. Da denkt man sich „boah so fühlt es sich also an“. Und schon ist der Moment wieder weg, aber dieses Gefühl hat sich viel tiefer eingebrannt, als der Gedanke allein.
Das ist mir letztens passiert. Wir renovieren gerade das oberste Stockwerk. Wir hatten einen Haufen Latten, die voll mit Nägeln waren. Um das Holz wieder verwenden zu können, mussten die Nägel entfernt werden. Das hat mich einen ganzen Tag Arbeit gekostet. Während ich so da saß, hämmerte und Nägel zog, hab ich mich einfach nur geärgert, dass ich einen vollen Babysitter-Tag für so etwas verschwende, statt richtige Fortschritte auf der Baustelle zu machen. Die Frage ist, was ist die Alternative? In den Baumarkt fahren, Latten kaufen, ganz einfach. Kosten halt was, die anderen nicht. Recycling ist toll, ist aber mit Aufwand verbunden.
Da hatte ich einen kleinen Moment der Erleuchtung. Tief in mir habe ich es noch nicht verinnerlicht, dass alles seinen Preis hat. Der Spruch ist so offensichtlich und abgedroschen, dass man ihn gar nicht wirklich hinterfragt. Denn rein rational hat man ihn voll erschlossen. So weit so gut, aber in dem Moment habe ich es auch emotional verstanden, dass wenn ich den Wunsch habe zu recyceln oder fast alles second Hand zu kaufen, ich auch den Mehraufwand akzeptieren muss, den es mit sich bringt. Es ist ja ein ganz anderer Prozess, der gestartet wird, wenn man zum Beispiel etwas bei eBay kauft, statt bei Amazon. Man kommuniziert, man verhandelt, oft ärgert man sich. Am Ende ist das aber der Preis den man zahlen muss für außergewöhnliche Dinge oder ein nachhaltigeres Leben.
Man muss sich nur bewusster fragen, welchen von den beiden Preisen möchte ich bezahlen? Oder wie der Blogger Mark Manson sagen würde: „Mit welcher Geschmacksrichtung magst du dein Sandwich mit Scheiße am liebsten?“ Ok, ok, er meint es in einem anderen Zusammenhang, aber eigentlich kann man es auf so gut wie alles anwenden. Heute einen Blogartikel schreiben oder doch lieber in der Hängematte chillen? Schoko oder Vanille? Kleines Auto, dafür noch ganz viel Geld übrig für Vanille-Eis. Oder doch den Audi RS4, dafür den anderen beim Eisessen zuschauen?
Aber ich schweife ab…auf jeden Fall ist mir in dem Moment aufgefallen, dass ich keinen Preis bezahlen möchte, ich will einfach nur Holz haben, kostenlos und ohne Aufwand. Ich will mein Eis im CO2-positiven RS4 schlecken mit negativer Kalorienbilanz, versteht sich…
Vielleicht kommt dieser Gedanke aus der Kindheit. Bestenfalls musste man nichts für die Dinge tun, die man so bekam. Oder aber aus der positives-Denken-Ecke, du musst nur positiv denken, alles andere fügt sich ganz von alleine. Es ist ja auch egal, wo es her kommt, so oder so, muss man entweder lernen seine Gedanken zu kontrollieren (viel Spaß dabei, tibetische Mönche ziehen sich für Jahre in eine einsame Hütte zurück, um das zu erlernen und sagen „your mind is a drunken monkey on heroin) oder physisch etwas tun. Vanille oder Schoko? Egal, auf jeden Fall mit 💩 bitte!
Denn am Ende definieren nicht nur die Dinge mich und mein Leben, sondern viel mehr, der Preis, den ich bereit bin zu zahlen. Ein Hoch auf den zu zahlenden Preis also!