Gefühlt schon immer habe ich Kurzwaren gekauft. Auf Flohmärkten, in Ramschläden, etc. Diese Knöpfe sind ja süß! Dieses Spitzenbändchen könnte ich vielleicht mal brauchen. Garn kann man nie genug haben! Bis mir dieses Horten zu blöd wurde. Ich konnte nicht verstehen, woher das kam. Aber egal, denn jetzt kam meine Minimalistenphase und es musste alles weg! Ich hatte keine Nähmaschine. Ich habe immer die von meinen Eltern benutzt, die gefühlt 100 Jahre alt war und mich immer wieder zur Weißglut gebracht hat. Das kennt vielleicht der ein oder andere auch von Computern, wenn sie nicht tun, was man von ihnen verlangt. (Mr. Kat würde jetzt sagen “In 99 % der Fälle sitzt das Problem VOR dem PC.”) Bezogen auf die Nähmaschine war es dann tatsächlich so. Denn als ich mit ihr zum Nähmaschinenspezialisten gegangen bin, hatte der das Problem auf den ersten Blick erkannt. Man darf nicht am Stoff ziehen beim Nähen. Mmmhh, hab ich nie gemacht! Doch, das sieht man an der Nadelplatte, die ist nicht glatt, sondern hat viele kleine Sägezähne an der Kante. Das kommt davon, dass die Nadel dort immer wieder draufgefahren ist und es verkratzt hat. Das wiederum führt dazu, dass der Stoff immer wieder “reingekaut” wird. An der Stelle hatte mich der Typ schon und ich hätte ihm jede Maschine abgekauft, die er mir empfohlen hätte, denn er hatte mir Ursache, Symptom und Lösung in einem präsentiert. Das klang nach Kompetenz! Kommen wir also zum ersten Learning und ich meine nicht die Sache mit der Platte. Das war 100% nicht ich, sondern meine Mama oder meine Schwester, die haben sie ja schließlich auch benutzt;-)
1. Der Nähmaschinenkauf
Da die Platte nicht einfach zu besorgen war und das Ganze nicht so günstig gekommen wäre und (wahrscheinlich vor allem), weil ich einfach eine neue haben wollte, mit der das Nähen richtig Spaß macht, habe ich mich dafür entschieden eine Neue zu kaufen. Ich habe mir eine Brother Innovis gekauft. Laut dem Spezialisten eine gute Einsteigermaschine damals um die 400 € heute eher 500 €. Ein stolzer Preis für den Einsteiger…Für mich kommt es nicht in Frage eine Singer für 100 € beim Aldi zu kaufen, denn da ist sicher nicht die berühmte Singerqualität drin. Da wird nicht geschraubt, sondern mit Kabelbindern “gebunden”. Diese Maschinen sind oft relativ leicht, so dass beim Nähen nicht nur die Nadel hoch- und runtergeht, sondern die Maschine gleich mit. So der Experte zumindest, aber er will ja auch seine (teureren) Maschinen verkaufen.
Es kommt darauf an, wofür man es braucht. Wenn man alle paar Jahre die Vorhänge umnähen möchte, reicht die sicher auch. Aber ich hatte Größeres vor, denn ich hatte endlich gecheckt, warum ich früher Kurzwaren gehortet habe. Nähen ist DAS Hobby für mich. Zusammengefasst bin ich froh die Maschine gekauft zu haben, denn ich habe damit mittlerweile sehr viel genäht und sie läuft immer noch einwandfrei. Wenn es dann mal ein Problem gibt, sitzt es meistens VOR der Maschine…
Beim Kauf muss man sich also die Fragen stellen: Wofür werde ich sie brauchen? Will ich einen Etsy-Shop eröffnen oder nur die haushaltsüblichen Dinge erledigen wie Gardinen und Hosen kürzen zum Beispiel? (Wobei sich da eventuell sogar der Gang zum Profi lohnt. Mein Hochzeitskleid habe ich zum Beispiel selber genäht, aber nicht umgesäumt, weil das sehr aufwendig ist. Das müsste man dann gegenrechnen.)
2. Der Stoffkauf
Hier bin ich etwas hin und her gerissen. Ich würde gerne empfehlen nur den Stoff zu kaufen, den man für das nächste Projekt braucht. Und zwar nur den. Und nicht auch für die nächsten fünf Projekte. Das habe ich am Anfang gemacht. Ich wollte einen Pullover nähen, eine Hose, etc. Ich hatte gerade die Nähmaschine gekauft und war im Stoffhimmel (eine Scheune voll mit italienischen Stoffen). Ich habe es krachen lassen. Die Hälfte der Stoffe habe ich immer noch, weil ich in der Zwischenzeit so viele andere Projekte vorgezogen habe. Aussortieren will ich sie aber auch nicht, denn irgendwann nähe ich diese dunkelblaue, perfekt sitzende Hose bestimmt noch!
Diesen klassischen dunkelblauen Stoff würde ich aber wahrscheinlich überall finden, der wird nicht irgendwann ausverkauft sein. Es war keine einmalige Gelegenheit.
Bei Stoffen, die sich nach einer einmaligen Gelegenheit anfühlen, weil zum Beispiel das Muster oder die Haptik ganz besonders sind, sehe ich es anders. Wenn wir auf Reisen sind, gehe ich gerne in Stoffläden, wie zum Beispiel im Elsass. Da habe ich wegen der Muster gleich drei Stoffe gekauft. Zwei waren für Kissen gedacht und einer für ein Kleid. Da ist es dann relativ schwer zu entscheiden wie viel Meter kauft man, wenn man noch nicht mal weiß, nähe ich eine Tasche oder ein Kleid daraus. Ich wollte ein Kleid, aber Kleid ist nicht gleich Kleid, wenn es um den Stoffverbrauch geht. Ich habe auf jeden Fall zwei Meter gekauft für ein Midikleid. Zweieinhalb oder drei wären besser gewesen…
Diese Käufe habe ich nicht bereut. Aber einen anderen großen Kauf schon. Ich habe mir 6 ganze Meter von einem dicken Stoff gekauft. Perfekt für einen Wintermantel. Warum so viel? Weil ich ihn mit dem selben Stoff füttern wollte, außer an den Ärmeln. Er sollte ja warm werden. Und nun vier Jahr später, habe ich diesen Mantel immer noch nicht genäht und werde es in den nächsten Jahren auch nicht tun. So liegen diese gefühlt 20 kg Stoff nur rum und nehmen sehr viel Platz weg. War aber auch ein seltenes Muster und Materialzusammensetzung.
Woran erkennt man also, ob es sich lohnt einen Stoff zu kaufen? Ich weiß noch genau wie froh ich war, als ich ihn entdeckt hatte, weil ich das Projekt Mantel bald angehen wollte.
Drüber schlafen, ist eine gute Strategie, falls man in der Nähe wohnt. Wenn einem der Stoff nicht aus dem Kopf geht, dann kaufen.
Auf keinen Fall sollte man einen Stoff kaufen nur, weil er ein Schnäppchen ist.
Und ein dritter Punkt ist, nicht kaufen, nur weil man denkt, dass er morgen wieder weg ist.
Ich glaube aber, dass es sich nicht ganz vermeiden lässt, den ein oder anderen Stoff zu kaufen und Jahre zu horten, wenn man das Hobby nähen hat. Dafür ist das Dopamin zu stark, das jeden Kauf mit einem Glücksgefühl belohnt. Vielleicht sollte man auch einfach die Einstellung ändern und den Stoff als Zeugen eben jener Glücksmomente betrachten und nicht als Beweis der eigenen Schwäche…
3. Die Stoffauswahl
Die Stoffauswahl ist meiner Meinung nach einer der wichtigsten Faktoren, wenn man nicht möchte, dass die Sachen selbstgenäht aussehen. Ich weiß dazu gibt es unterschiedliche Meinungen. Manche finden genau das schön.
Ich möchte das nicht, habe aber schon das ein oder andere Teil gefertigt, das geschrien hat „Hobbynäherin im Anmarsch“. Das lag meistens an der Stoffauswahl. Der Stoff war dann oft einfach zu steif, zu wenig fließend. Das ist mir vor allem am Anfang passiert.
Oft gibt die Stoffauswahl, sowohl im Handel vor Ort, als auch online, nicht das gewünschte Muster oder Haptik her. Ich zumindest tue mir sehr schwer, passende Stoffe zu finden. Ich habe dann immer das Gefühl der Stoffhandel ist dem Einzelhandel mindestens drei Jahre hinterher. Ich wünsche mir ähnlich lässige Stoffe, wie sie bei Zara und Co zu sehen sind und das am liebsten in Öko.
4. Die Garnqualität
Ich dachte früher immer Gütermann habe eine der erfolgreichsten Marketingabteilungen überhaupt. Ihnen wäre es gelungen, das Gerücht zu verbreiten, nähen ginge nur mit Qualitätsgarn, alles andere wäre amateurhaft.
Leider hat es nichts mit gutem Marketing zu tun. Diese Regenbogenpackungen mit 30 Garnrollen für ein paar Euro sind qualitativ wirklich schlecht. Der Faden reißt beim Nähen immer wieder ab und auch die Maschine tut so als würde sie spinnen.
Anfangs war ich geschockt, wie viel eine Garnspule kostet. Wenn man mal locker 4 € nur für das Garn für ein T-Shirt ausgibt, fragt man sich schon, wie es realisiert werden kann, dass ein T-Shirt 5 € im Handel kostet. Aber das ist eine andere (unendliche) Geschichte. Deshalb bin ich dazu übergegangen in Second Hand Läden einfach alle Qualitätsgarne zu kaufen, meist für ein paar Cent das Stück, auch wenn ich die Farbe gerade nicht brauche. Minimalismus? Was ist das?
5. Nur weil man etwas nähen kann, muss man es nicht unbedingt machen
Ich bin so Feuer und Flamme, wenn ich Basicstoffe sehe, will ich gleich ein weißes Basic-Shirt nähen oder puderfarbenes Jersey in ein schönes Unterhemd nach meinen Vorstellungen kreieren. Abgesehen davon, dass ich jetzt mit Kind und Baustelle keine Zeit mehr für sowas habe, bin ich der Meinung, dass der Aufwand sich nicht lohnt. Also nur weil ich etwas kann, muss ich es nicht gleich umsetzen.
Das war eine Irreführung meines Perfektionismus. Ich hatte mir eingebildet, dass ich so die basic Sachen genau nach meinen Vorstellungen nähen könnte. Aber das scheitert ja schon an der Stoffauswahl. Denn weder sind die meisten Stoffe Öko, noch zum Großteil aus natürlichen Materialien.
Für mich ist dieser Punkt auch deshalb so wichtig zu erwähnen, weil viele Kreative sich mit Projekten überladen, deshalb oft nicht ins Tun kommen und dadurch eine Negativspirale entsteht. Dopamin ist eben nicht nur das Hormon der Belohnung, sondern auch des Verlangens.
6. Man muss kein Profi sein, um komplizierte Projekte umzusetzen
Mit dem letzten Punkt, wollte ich nicht sagen, dass man nur noch komplizierte Kleidung nähen sollte. Aber man sollte sich auch durch nichts aufhalten lassen es zu tun.
Einen Monat nachdem ich meine neue Nähmaschine hatte, habe ich ein aufwendiges, rückenfreies Abendkleid genäht. Ein halbes Jahr später mein Hochzeitskleid/-zweiteiler.
Man braucht dazu Geduld, Zeit und jede Menge Probestücke. Wenn du also richtig Lust hast einen Wintermantel zu nähen (und den richtige Stoff hast), lass dich nicht abhalten!
7. Die Nähnische
Jeder der merkt, nähen ist das Ding, sollte sich eine Nähnische einrichten. Es reicht einen Platz zu haben, wo man die Nähmaschine einfach stehen lassen kann, sodass man sofort losnähen könnte, wenn es einen überkommt.
Ich habe diesen Luxus bisher nicht, schleppe die Nähmaschine immer wieder an, baue alles auf und wenn ich fertig bin… lasse ich alles stehen und liegen. Man weiß ja nie, wann es einen das nächste mal überkommt oder man vielleicht auch nur ein kleines Zeitfenster hat. Denn dieses kleine Zeitfenster reicht beim nächsten mal höchstens für den Aufbau. Dann fängt man lieber gar nicht erst an…
8. Die Fadenspannung
Kommen wir zu den Details. Keine Angst vor der Fadenspannung!
Als ich noch die alte Maschine hatte und tiefer in die Materie eingestiegen bin, war die Fadenspannung ein Mysterium für mich und hat mich ziemlich verunsichert. Ich wusste nicht, soll ich den oberen fester, den unteren lockerer oder beides machen. Das Problem war ja aber nicht die Fadenspannung, sondern die kaputte Nähplatte…
Bei den neuen Nähmaschinen kann man nur die obere Fadenspannung einstellen. Das macht das Ganze viel einfacher. Wichtig ist, dass die Nadel beim Justieren oben ist, sonst liegt das Garn nicht in der Führung und es tut sich nichts.
9. Der Oberfaden
Wenn du vermeiden willst, dass bei den ersten Stichen ein Kabelsalat entsteht, dann halte den Oberfaden die ersten drei, vier Stiche fest. Das ist natürlich nicht bei jeder Nähmaschine der Fall, aber falls du gerade resonierst, probiers aus.
10. Die Sorgfalt
In 95 % meiner Problemfälle beim Nähen, wie Schlaufenbildung oder Auslassen von Stichen, reicht es den Ober- und Unterfaden sorgfältig neu einzufädeln. Vor allem der Unterfaden, man würde es nicht meinen, braucht meine ganze Aufmerksamkeit. Der muss nämlich sehr flach ins Messer gezogen werden. Das geht am besten, wenn man mit der linken Hand die Spule festhält und den Faden mit einem Finger der linken Hand unten hält, ihn somit flach einspannt. Das scheint besonders bei Brother ein Thema zu sein.
Manchmal scheine ich den Oberfaden nicht richtig einzufädeln, denn oft hilft es ihn einfach neu einzulegen.
In den restlichen 5 % liegt der Fehler beim Garn oder der Fadenspannung.
Et Voilà
Das waren meine ganz persönlichen Lehren in den letzten Jahren. Habe ich etwas Wichtiges vergessen? Dann schreib mir, ich freue mich über jeden Kommentar!