Kennst du das, der riesige, schwarze Fernseher zerstört jegliche Ästhetik, die man sich mühsam im Wohnzimmer erarbeitet hat? (Gut, dass wir keinen mehr haben…) Oder du surfst stundenlang im Netz, um die perfekte Nachttischlampe zu finden, nur um am Ende feststellen zu müssen, dass Oropacks sowieso das gesamte Bild zerstören? Oder du hast dir die Traumküche gegönnt, ewig überlegt, welche Fliesenform, -farbe, Fugenfarbe und -breite es sein darf? Gewellt oder gerade, matt oder glänzend? Doch schließlich stellst du fest, der Spüllappen, das Spülmittel oder der Wasserkocher zerstören das gesamte Bild? Und weiter geht die Suche nach dem perfekten Lappen, Behälter oder Wasserkocher… klingt anstrengend oder?
Falls dir das nur zu bekannt vorkommt, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass du erstens perfektionistisch bist und zweitens Ästhetik ein wichtiger Wert in deinem Leben ist. Denn würde es dir keine Energie geben, würdest du nicht so einen Aufwand betreiben. Oder?
Manchmal, nein oft frage ich mich: Ist es das wert? War früher alles besser, weil man nicht das Internet und somit auch nicht (scheinbar) alle Möglichkeiten der Welt hatte? Da ist man in den Tante-Emma-Laden gegangen und war froh, wenn man überhaupt einen Wasserkocher bekam.
Denn tatsächlich ist die Vorstellung eines perfektionistischen Ästheten so detailliert, dass die Erwartungen auch im weltweiten Netz nicht erfüllt werden können. Entweder ist die Farbe nicht weiß genug oder die Oberfläche glänzt und man hätte sie lieber in matt. Früher dachte ich mir immer, ich wäre gerne ein Mensch, der weiß, was er will. Jetzt weiß ich, wenn man genau weiß was man will, muss man es erstmal finden.
Und so reagiere ich jedes Mal euphorisch, wenn mein Mann sagt: „Das kann man bestimmt auch gut selber machen.“ Bis ich merke, dass er mich wieder mal zitiert…
Und natürlich war früher nicht alles besser, es war einfacher, aber nicht leichter. Wenn die Mutter Ärztin war, war die Wahrscheinlichkeit groß, dass man auch Ärztin wird. Ok ok früher hieß es immer, wenn der Vater Bäcker war, wird der Sohn auch Bäcker und Ärztinnen gab es gar nicht.
Ich will aber nicht, dass es so ist wie früher! Aber ich will auch nicht dauerhaft überfordert sein. Ich will nicht das Gefühl haben im Hamsterrad zu stecken, auch nicht in einem selbstgebauten. Aber wenn man aufhört sich anzuspornen, verfällt man dann nicht in Lethargie?
Sowieso besteht das Leben denke ich zu einem Großteil daraus die Balance zwischen Aktivität und Passivität zu finden. Manchmal streift man die Balance, oft ist man aber entweder Serienjunkie oder Stressmonster. Das liegt wohl am Gesetz der Trägheit, ok das sagt man bei Dingen. Beim Menschen wird es Gewohnheit genannt. Entweder man tut alles oder nichts. Oder versucht zumindest alles zu tun, denn im Hamsterradmodus findet man immer wieder neue Sachen, die erledigt werden müssen und wartet sehnsüchtig auf den Zeitpunkt, an dem die Todo-Liste endlich leer ist. Dieser wird aber nie kommen, zumindest wird man ihn selbst nie erleben, denn es ist der Tod.
Wie schafft man es also als perfektionistischer Ästhet glücklich zu werden? Indem man dem Perfektionismus auf die Schliche kommt und Projekte zu Ende bringt, die einen tatsächlich erfreuen. Wie man das schaffen kann, erzähle ich dir ein anderes Mal.
Was sagt mein Perfektionist gerade zu mir? Mmhh sollte ich nicht eigentlich zuerst mit einem Blogbeitrag über Perfektionismus an sich schreiben? Anstrengend…